RECHTLICHE  ENTSCHEIDUNGEN

Dieser Leitfaden kann nicht auf alle Fragen  eine Antwort geben, wird aber von mir ständig erweitert. 

Wenn die Schuldfrage zweifelhaft ist und/oder wenn es sich um einen Verkehrsunfall mit hohem Sachschaden und/oder Personenschäden handelt,  sollten Sie frühzeitig einen Rechtsanwalt beauftragen.


Er hilft Ihnen die richtigen Entscheidungen zu treffen und gewährleistet eine vollständige und kompetente Regulierung Ihres Schadens. 
Vielfach hängt die Regulierung eines Verkehrsunfalls von der am Unfallort geltenden Rechtsprechung ab. 

Die vorstehenden Hinweise geben daher z.T. nur die persönliche Auffassung des Verfassers wieder. Für die Gültigkeit in jedem Einzelfall kann daher keine Gewähr übernommen werden.

In diesem Abschnitt werden kleinere rechtliche Publikationen behandelt, die Ihnen helfen sollen im Alltagsgeschehen  das richtige zu tun. 
Es kann jedoch nicht in allen Fällen die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe ersetzen und wendet sich daher vornehmlich an Geschädigte, die einen Blechschaden und möglicherweise eine leichte Verletzung erlitten haben
.

 

 

Einkaufswagenrempelei! Wer haftet?

Beim Beladen des Kofferraumes macht sich der Einkaufswagen selbständig (bestimmt mal jeden von uns schon passiert) und er rammt das Nachbarauto ( sehr ärgerlich, aber bitte nicht abhauen ).       
Wer Haftet?!

Versicherungsexperte  Alois Schnitzer von der HUK-Coburg: 
"Ein solcher Schaden wird von der Kfz-Haftpflichtversicherung des Fahrzeuges übernommen, das beladen wird. Mit Beladen des Fahrzeuges ist es in Benutzung."
Fährt man jedoch den leeren Wagen zurück und rammt dabei ein Auto, springt die private Haftpflicht ( hat eh´ jeder ) ein.

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Wann ist eine Inanspruchnahme meiner Vollkaskoversicherung sinnvoll?

Wenn eine (kurzfristige) Regulierung nicht zu erwarten ist oder ein Alleinverschulden des Unfallgegners nicht sicher angenommen werden kann, sollte über die Inanspruchnahme der eigenen Vollkaskoversicherung nachgedacht werden.

Zu beachten ist, dass der Unfall auch der Vollkaskoversicherung nach § 7 Abs. 1 Satz 2 AKB schriftlich innerhalb einer Woche anzuzeigen ist.

Will ein Geschädigter gleichzeitig seine Vollkaskoversicherung und die Haftpflichtversicherung des Unfallgegners in Anspruch nehmen, dann sollte er jetzt spätestens einen Rechtsanwalt beauftragen. Die insoweit entstehenden Anwaltskosten sind von der Haftpflichtversicherung des Unfallgegners zu ersetzen (OLG Celle, AnwBl 1983, 141; OLG Stuttgart, DAR 1989, 27; OLG Karlsruhe, r+s 1990, 303). 

Nimmt nämlich der Geschädigte seine Vollkaskoversicherung in Anspruch, dann gehen seine Schadensersatzansprüche gegen den Geschädigten gemäß § 67 VVG auf seine Vollkaskoversicherung über. Er ist also nicht mehr anspruchsberechtigt. Da jedoch der Kaskoversicherer die Selbstbeteiligung, den merkantilen Minderwert und die Sachverständigenkosten nicht zu ersetzen hat, kann er diese Positionen bis zum Betrag der Mithaftungsquote gegenüber dem Haftpflichtversicherer des Gegners geltend machen (sog. Quotenvorrecht). Daneben können die sonstigen Schadenspositionen bis zur Haftungsquote geltend gemacht werden.

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Kaskoversicherung - vorgeschädigtes Fahrzeug?

Nach einem selbstverschuldeten Unfall muss der Fahrzeugbesitzer unaufgefordert seiner Versicherung mitteilen, ob dieses Fahrzeug bereits mit einem Vorschaden gekauft bzw. als Unfallwagen betrieben wurde.

Wenn er dies vorsätzlich verschweigt, kann die Versicherung die Schadenersatzleistung verweigern, entschied das Oberlandesgericht Koblenz ( AZ 10U 102/99) mit der Begründung:  

Die Versicherung kann von einer vorsätzlichen Täuschung über den PKW-Wert ausgehen.

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Warum zahlt die gegnerische Versicherung nur 70 % meines Schadens?

Hat ein Verkehrsteilnehmer z. B. die Vorfahrt missachtet und kommt es hierdurch zu einem Verkehrsunfall, dann hat er den entstandenen Schaden zu ersetzen. In vielen Fällen bleiben Verkehrsverstöße ohne Folgen, weil sich andere Verkehrsteilnehmer umsichtig verhalten und auf Fehler anderer reagieren. 

Da die Teilnahme am Straßenverkehr gefährlich ist, hat sich jeder Verkehrsteilnehmer (auch der an sich Vorfahrtsberechtigte!) so zu verhalten, "dass kein anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird" (§ 1 Abs. 2 StVO). Kommt es bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeuges zu einem Schaden, so ist dieser zu ersetzen, es sei denn, der Unfall wird durch ein unabwendbares Ereignis verursacht (vgl. § 7 Abs. 2 StVG).

Im Beispiel hätte der Vorfahrtsberechtigte zu beweisen, dass der Unfall für ihn unvermeidbar war (etwa weil der Unfallgegner plötzlich aus einer Nebenstraße "herausgeschossen" kam). Gelingt ihm dieser Beweis nicht oder steht gar fest, dass er in eine unklare Verkehrslage hineingefahren ist, dann hat er sich die sog. Betriebsgefahr seines Fahrzeuges anrechnen zu lassen. Diese Betriebsgefahr führt dann zu einer "Mithaftung" von 25-30 %.

Die Betriebsgefahr kann durch verschiedene Umstände (z.B. abgefahrene Reifen, überhöhte Geschwindigkeit ) erhöht sein, so dass gar ein noch höherer Haftungsanteil in Betracht kommt

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Kann ich ein Schmerzensgeld beanspruchen?

Hat der Unfallgegner den Verkehrsunfall verschuldet, dann kann der Geschädigte nach § 847 BGB im Falle der Verletzung des Körpers  oder der Gesundheit eine "billige Entschädigung in Geld" verlangen.
Allgemeine Regeln zur Höhe des Schmerzensgeldes gibt es nicht; es ist  hier alles eine Frage des Einzelfalles. Das Schmerzensgeld ist auf den  Ausgleich der Schäden des Verletzten gerichtet. Daneben soll es zu  einer Genugtuung führen (Bundesgerichtshof GrZS 18, 149). 

Reguliert also beispielsweise der gegnerische Versicherer einen Schadenfall grundlos nicht, obwohl das Verschulden feststeht, so kann sich dieses im Einzelfall sogar schmerzensgelderhöhend auswirken.

Für den häufigen Fall eines sog. HWS- oder Schleudertraumas wird man von einem Schmerzensgeld in Höhe von 300 - 500 DM je Woche Arbeitsunfähigkeit auszugehen haben.

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Verwirrendes Blinken

Blinkt ein Autofahrer auf der Hauptstraße rechts, fährt aber geradeaus, kann es leicht zum Unfall kommen.                         Der auf die Hauptstraße einbiegende Fahrer muss nicht damit rechnen, das der Vorfahrtberechtigte geradeaus fährt.          Beim Zusammenstoß hat der einbiegende Fahrer 25 Prozent des Schadens zu tragen, muss aber kein Schmerzensgeld zahlen.

( Landgericht Rostock, AZ 1S184/00 ) 

 

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Anzeigepflicht

Ein Autofahrer riskiert sein Haftpflicht-Versicherungsschutz bei einem Unfall, wenn er seiner Versicherung die Schadenersatzansprüche des anderen Unfallgegners nicht innerhalb einer Woche meldet. Das geht aus einem Urteil des Oberlandesgerichtes Koblenz hervor. Wer dei Meldung unterlasse, verletze seine Anzeigepflicht befanden die Richter.

(Oberlandesgericht Koblenz AZ 10U 68/00)AP 

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Kunststofffenster

In der Teilkaskoversicherung ist neben dem Diebstahl auch das Risiko von Glasschäden abgedeckt. Das Amtsgericht Köln  hat in einem bestätigten Urteil  eine überraschende Definition des Begriffes "Glas" getroffen. Im Faltdach eines Cabriolet wurde von Unbekannten das Heckfenster zerstört. Der Kaskoversicherer lehnte den Ersatz  der Reparaturkosten wegen Nicht Glasbruch ab. Das angerufene Amtsgericht urteilte, dass die Versicherungsbedingungen nur Fahrzeugteile erfassen, die tatsächlich aus Glas bestehen. Wäre Kunststoff mitversichert, stünde es in den Bedingungen.

( Amtsgericht Köln U.v.02.11.1998;142C109/98)

Anmerkung von mir, was wird mit all den Scheinwerfern die immer mehr aus Kunststoff gefertigt werden.

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Erst Gurten

Wer im Auto den Sicherheitsgurt nicht anlegt, gefährdet nach einem Unfall seinen Versicherungsschutz. So lautet das Fazit aus einem Urteil des Bundesgerichtshofes. Ein Fahrer hatte sich an der Ampel abgeschnallt und war dann bei grün wieder angefahren. Da krachte es. Weil er während der Fahrt und dem Aufprall nicht angeschnallt war, wurde der Versicherungsschutz gekürzt. 

( Bundesgerichtshof Az. VI ZR 411/99 )

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"Schlagloch" - Urteile
Immer wieder kommt es zu Unfällen, weil Autofahrer in für sie nicht sichtbare Schlaglöcher geraten.

Das Landgericht Lübeck hat am 11. Dezember 2000 die Stadt Lübeck verurteilt, ein Schlagloch-Opfer zu entschädigen. Selbst Tempo-Begrenzungsschilder genügen nicht, um die für den Straßenzustand verantwortliche Gemeinde aus der Haftung zu entlassen, zumindest nicht bei einem 15 cm tiefen Schlagloch (Az 10 O 287/99).


Ähnlich hatte auch das Landgericht Dresden in einem Urteil vom 9.6.2000 (Az 16 O 1091/00 (ADAJUR Dok.-Nr. 40926, veröffentlicht in der Rechtszeitschrift des ADAC, dem Deutschen Autorecht (DAR) 2000, Seite 480) entschieden.
Nach Ansicht der Richter sind bei wichtigen im inneren Stadtbereich liegenden Straßen an die Verkehrssicherungspflicht der Gemeinde hohe Anforderungen zu stellen. Bei sehr schlechtem Straßenzustand genügt es nicht, Warnschilder aufzustellen, vielmehr müssen kurz hintereinander Kontrollen durchgeführt werden. Gefahren müssen unbedingt beseitigt werden. Geschieht innerhalb von 2 Tagen nach einer Kontrollfahrt ein Unfall an einem ca. 18 cm tiefen Schlagloch, ist davon auszugehen, dass die Kontrolle mangelhaft war. Maßgeblich sind auf alle Fälle die Gesamtumstände.



Mit der Verkehrssicherungspflicht bei einem Schlagloch hatte sich auch das Landgericht München I in einem Urteil vom 10.2.2000 (Az 19 O 17897/99, ADAJUR Dok.-Nr. 38431, DAR 2000, Seite 221) befaßt. Während in den beiden anderen Urteilen die Geschwindigkeit beschränkt war, fuhr der Kläger ohne entsprechende Vorwarnung in ein Schlagloch auf einer Straße mit herausgehobener Verkehrsbedeutung. Das Gericht kam zu der Ansicht, daß bei solchen Straßen eine Inspektion alle 7 Tage nicht ausreicht, um der Verkehrssicherungspflicht nachzukommen. Die Gemeinde hätte durch Hinweisschilder auf das Schlagloch hinweisen oder durch ein provisorisches Verfüllen des Schlagloches die Gefahr für den Autofahrer vermindern müssen.


Für die neuen Bundesländer hatte das Landgericht Halle in einem Urteil vom 15.5.1998 (Az 7 O 470/97, ADAJUR Dok.-Nr. 31997, DAR 1999, Seite 28) entschieden, dass ein Fahrer beim Befahren einer Autobahn in Sachsen/Anhalt darauf vertrauen darf, dass sich diese in einem verkehrssicheren Zustand befindet. Nach Ansicht der Richter kann das Bundesland nicht darauf verweisen, keine finanziellen Mittel zur Beseitigung von Fahrbahnschäden zur Verfügung gehabt zu haben. Ein Verkehrsteilnehmer hat auch bei einer Geschwindigkeitsbegrenzung auf 60 km/h und Hinweisschildern, die vor Strassenschäden warnen, nicht mit erheblichen Schlaglöchern von 12 cm Tiefe zu rechnen. Nach Ansicht des Gerichts ist das Land durch die getroffenen Maßnahmen seiner Verkehrssicherungspflicht nur unzureichend nachgekommen, weshalb der Kläger in vollem Umfang Schadenersatz zugesprochen bekam.
 

Eine Mithaftung aus der Betriebsgefahr seines Fahrzeugs zu ¼ nahm das Oberlandesgericht Nürnberg in einem Urteil vom 8.2.1995 (Az 4 O 3697/94, ADAJUR Dok.-Nr. 3241, DAR 1996, Seite 59) an. Das Gericht vertrat die Ansicht, daß vor einem 60 x 40 cm großen, 10 cm tiefen Schlagloch im Baustellenbereich einer Autobahn besonders gewarnt werden muß. Nicht ausreichend sei die wegen der Baustelle angeordnete Geschwindigkeitsbeschränkung auf 60 km/h. Das verkehrssicherungspflichtige Bundesland hafte zu ¾, wenn ein Auffüllen der Schlaglöcher mit Heißmischgut oder Warnung durch Zeichen 101 der Straßenverkehrsordnung mit zusätzlichem Hinweis auf Schlaglöcher nicht erfolgte. Die Haftung aus der Betriebsgefahr heraus wurde angenommen, weil der PKW-Fahrer nicht nachweisen konnte, dass ein überdurchschnittlich sorgfältiger, besonders aufmerksamer Fahrer ebenfalls die Schlaglöcher bei Dunkelheit nicht hätte erkennen können.

Andererseits ging das Landgericht Bautzen in einem Urteil vom 25.8.1998 (Az 4 O 309/98, ADAJUR Dok.-Nr. 32321, DAR 1999, Seite 26) davon aus, dass kein Schadenersatzanspruch gegen eine in den neuen Bundesländern ansässige verkehrssicherungspflichtige Gemeinde besteht, wenn ein Schaden beim Durchfahren von Schlaglöchern entsteht. Das Gericht kommt zu der Ansicht, dass in den neuen Bundesländern von einer schlechten Straßenbeschaffung ausgegangen werden muss und der Kraftfahrer mit nicht gleich erkennbaren Schlaglöchern rechnen musste. Die strengen Anforderungen, die an die Verkehrssicherungspflicht des Straßenunterhaltspflichtigen in den alten Bundesländern gestellt werden können, sind im Hinblick auf den großen Sanierungsbedarf, die angespannte Finanzlage der Gemeinden und der schwachen Infrastruktur in den neuen Bundesländern nach Meinung des Gerichts nicht ohne weiteres auf die dortigen Verhältnisse übertragbar. Es geht davon aus, dass die desolaten Straßenverkehrsverhältnisse in den neuen Bundesländern bei den Verkehrsteilnehmern als bekannt vorauszusetzen und das Fahrverhalten dementsprechend anzupassen ist.
 
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